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Totholz ist überlebenswichtig für den naturnahen Wald

Das neue Jahr beginnt, wie das alte endete

Liebe Beelitzer Bürger und Bürgerinnen, ich nutze diese Möglichkeit, um uns Allen ein gesundes Jahr mit Frieden und Toleranz zu wünschen. Nachdem die Silvesterknallerei vorbei ist, die nicht nur den Haustieren Schmerzen bereitete und verboten gehört, fängt das Jahr ruhiger an.

Es wird Sie nicht wundern, dass ich wieder mit einem inhaltlich schwer zu verdauenden Thema fortfahre. Der Wald, der Waldumbau, was braucht es für den Schutz vor Bränden – und ist ein gesunder natürlich gewachsener Wald wirklich mit Schuld an den vergangenen Bränden? Müssen deshalb alle ortsnahen Kiefernwälder entsprechend eines vorgestellten Konzeptes kahlgeschlagen werden und nur Kiefernstangen stehen bleiben (und der eine oder andere schon größere Laubbaum)? Im vorigen Jahr gab es zu der Thematik zwei „runde Tische“ mit vielen Beteiligten, es wurden fast  alle Argumente ausgetauscht, aber weniger verarbeitet, aber der Bürgermeister entschied dann: Es wird so gemacht, wie im Konzept vorgesehen. Als einziges „Entgegenkommen“ scheint die Erkenntnis gefruchtet zu haben, dass Totholz vielleicht doch nicht so schlecht für einen gesunden Wald ist.  Aber jetzt soll das Totholz geschreddert und auf dem kahlen Boden verteilt werden. Ob das gut ist?

Totholzreichtum ist entscheidend

Schweizer Forscher konnten im 10 000 Hektar umfassenden größten europäischen Buchenurwald Uholka-Shyroki Luh in den ukrainischen Karpaten feststellen, dass die auffälligsten Unterschiede zwischen Naturwäldern und forstlich bewirtschafteten Wäldern der Totholzreichtum mit vielfältigem Bodenleben und das Vorhandensein von sogenannten „Urwaldriesen“ sind.

Bäume, die aus Altergründen als Totholz bis zu ihrem natürlichen Zerfall und Ende im Wald verbleiben, bieten sehr vielen Arten einen Lebensraum. Deshalb ist in Wäldern mit natürlicher Entwicklung die Artenvielfalt besonders hoch, das liegende Totholz (was ja eigentlich lebt) speichert sehr viel Wasser, es schützt den Boden vor Austrocknung. Das völlige Gegenteil finden wir in unseren bewirtschafteten Forsten. Bäume sollen aber wachsen und bis zu ihrem natürlichen Ende (= Zerfall) altern dürfen. Das erhält viele Baummikrohabitate im Vergleich zum Wirtschaftsforst. Je älter die Bäume werden, um so mehr Habitate (Lebensräume) bieten sie an – und das bis zu ihrem ganz natürlichen Ende und Zerfall.

Wir aber stapeln Totholz oder bilden Pyramiden und unterbinden damit den natürlichen Abbau. Und wenn jetzt dieses Totholz als „Kompromiss“ geschreddert wird und auf dem Waldboden verteilt liegen bleiben soll, so erhalten wir dadurch keine Vielfalt von Lebensräumen. Das Schreddermaterial trocknet viel schneller aus (größere Oberfläche, Angriff für Wind usw.) und wird einen evtl. Brand beschleunigen.

Ein Naturwald besteht aus Bäumen und Sträuchern in unterschiedlicher Höhe und Etagen, er spendet Schatten, kühlt den Boden, speichert Wasser und widersteht Feuer. Er bietet einen Lebensraum für viele Spezialisten und leistet einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der biologischen und genetischen Vielfalt. Viele Tier- und Pflanzenarten, aber auch Moos-, Pilz- und Flechtenarten sind auf diese Natürlichkeit angewiesen. Und die Spezialisten sind die natürlichen Gegenspieler von sogenannten Forstschädlingen, die sowieso nur kranke Bestände befallen.  Totholz ist für Vögel, Insekten, Pilze und Moose wichtig. Entscheidend ist dabei sowohl das liegende und auch das stehende Totholz

Auch in anderen Bundesländern gibt es Stimmen, die nach den verheerenden Bränden Totholzmengen reduzieren wollen. Dies bringt aber keine Vorteile, denn Totholz in einem sommergrünen Laubwald ist grün ummantelt und hat auch im trockensten Sommer noch eine gewisse Feuchtigkeit. Das ist nicht vergleichbar mit trockenen Fichtenforsten. Das Totholz ist in einem Naturwald eher eine Feuchtigkeitsreserve und dient damit der Prävention. Und denken Sie bitte, nach dem Regen ist vor dem Regen – halten Sie jetzt alle Seen, die sich um die Ortsteile gebildet haben, fest und sichern sie ihr Bestehen. Nicht umsonst sagt die alte Bauernregel: Im Märzen der Bauer (also nicht im Januar, das Wasser kann stehen bleiben für späteren Durst des Bodens) die Rösslein einspannt…  

Einen entspannten Jahresbeginn und -verlauf wünsche ich Ihnen von Herzen, Ihre ELKE SEIDEL
Beelitz, 1.1.24

(Foto von Andreas auf pixabay)

Nachbetrachtung:

Totholz speichert Wasser : ein trockener Ast kann über den Winter bis zum vielfachen seines Gewichtes an Wasser speichern, es kühlt, gibt Leben Raum. Ein naturnaher Wald mit Laubbäumen in mehreren Etagen kühlt mindestens um 3- 8 Grad die Temperatur herunter, sammelt Kondenswasser und hält es fest. Feuer braucht: einen trockenen brennbaren Stoff, eine hohe Zündtemperatur und Sauerstoff. Schon wenn wir den Wald mit mehreren Blattetagen mit Laubbäumen wachsen lassen, kühlen wir und senken die Temperatur – zwei Faktoren für Feuer sind damit beeinflusst. Ich spreche hier nicht gegen einen drei bis fünf Meter breiten Wundstreifen.