You are currently viewing Klimawandel in Beelitz, Teil 2

Klimawandel in Beelitz, Teil 2

»Wir haben es also hier (Anmerkung: bei der Nutzung der Kohlevorräte) mit einem Anteil unserer Energiewirtschaft zu tun, der sich etwa wie eine unverhoffte Erbschaft verhält, welche den Erben veranlasst, die Grundsätze einer dauerhaften Wirtschaft vorläufig aus den Augen zu setzen, und in den Tag hinein zu leben. (…) Die dauerhafte Wirtschaft muss ausschließlich auf die regelmäßige Benutzung der jährlichen Strahlungsenergie (Anmerkung: der Sonne) begründet werden.«     Wilhelm Ostwald: Die rohen Energien, Dritte Vorlesung. In: Energetische Grundlagen der Kulturwissenschaft, Verlag von Dr. Werner Klinkhardt, Leipzig 1909, S. 44 (S. 58),

In der letzten Beelitzer Nachricht (28. Jahrgang, Nummer 7 Seite 37) zeigte ich Ihnen in einem Bild, wie viel Strahlungsenergie uns jeden Tag ungenutzt zur Verfügung steht. Heute möchte ich Ihnen zeigen, wie sie dauerhaft genutzt werden kann. Im Sommer gibt es sehr viel davon, im Winter etwas weniger. Also müssen wir den Überschuss in den Winter transportieren – also mitschleppen in die Notzeit. Mit den Früchten der Natur machen wir es ebenso.

Nun höre ich die Skeptiker der erneuerbaren Energienutzung sagen: Aber wir haben keine Speicher. Das ist auf der einen Seite vielleicht heute noch richtig, auf der anderen Seite haben wir aber alle Techniken, die uns dieses ermöglichen, schon heute vor Ort.  Das Ziel ist es, uns zu jeder Zeit mit dem, was wir brauchen, zu versorgen. Was brauchen wir von den erneuerbaren Energien und zum Leben überhaupt? Wärme, Licht, Mobilität, Wohnen, Essen und Trinken und ein bisschen Luxus. Vor dem Jahr 2000 hatten wir ein ausschließliches „Verteilungsnetz“ für die Energie. An drei oder vier oder fünf zentralen Standorten haben wir aus Atom oder Kohle Strom erzeugt, in das „Verteilungsnetz“ von oben„gekippt“ und die Energie floss hin und her und nach unten und aus der Steckdose ins Haus. Heute haben wir millionenfache Stromerzeuger und Lieferanten, die dezentral in dieses vorhandene Netz einspeisen, also in ein „Aufnahmenetz“, dessen Flussrichtung jetzt von unten nach oben zeigt.  Der begrenzende Faktor ist die Netzfrequenz (50 Hertz plus minus). Alle erneuerbaren Energieanlagen haben einen Wechselrichter, der genau diese geforderte Wechselspannung mit 50 Hertz erzeugt und einspeist. Das Problem besteht bei Entnahme aus dem Netz oder Einspeisung ins Netz, immer diese 50 Hertz annähernd einzuhalten und zu stabilisieren. Das haben zu den „zentralen“ Zeiten die Netzbetreiber getan, und die Netzbetreiber tun dies auch heute zu Zeiten der dezentralen, fluktuierenden Einspeisung. In der Zukunft (eigentlich schon heute) muss diese Steuerung der Einspeisung und des Verbrauches nach sogenannten Bilanzkreisen (die existieren und schon gemanagt werden) erfolgen. Es muss von unten immer so viel Strom in das Aufnahmenetz fließen, wie in diesem Bilanzkreis gebraucht wird und darüber hinaus. Der überschüssige Strom wird weiter gereicht – bis zum Übertragungsnetz, das Europa umspannt. Das heißt, der Manager muss bei Flaute oder Wolkenhimmel die Biogasanlagen hochfahren und Strom einspeisen oder über Schwarmkraftwerke Strom nachliefern oder große Stromverbraucher vorübergehend drosseln, wenn der Verbrauch es will. Durch eine ständige Beobachtung des Netzes in den Bilanzkreisen bzw. Verbünden von Bilanzkreisen kann der Bedarf (Nachfrage) und die Erzeugung (Einspeisung) in Einklang gebracht werden, also immer stabil die 50 Hertz angepeilt und gehalten werden. Eine dezentrale Versorgung von unten, die so gemanagt wird, funktioniert. Heute wird sie gestört durch den immer noch zentralen von oben eingefülltem Kohle- und Atomstrom, der dazu führt, dass erneuerbar erzeugte dezentrale Energie „vernichtet“, das heißt abgeschaltet wird. Die Zukunft ist also bereits heute möglich. Und ich würde mir wünschen, dass wir diese Zukunft bereits den Besuchern der Landesgartenschau in Beelitz 2022 vorstellen können. Denn Beelitz hat viel zu bieten: Sonnenstrom, Wasserkraft, Blockheizkraftwerke, Biogasanlagen, Schwarmkraftwerke, Niedrigenergiehäuser und kann dazu aus vielen Bereichen noch mehr Erneuerbares nutzen.

Und vergessen wir bitte nicht: Alles was heute Plastik ist – kann aus Pflanzen hergestellt werden (denn Erdöl ist nur über Jahrmillionen unter Druck gelagerte Biomasse). Wo ist das Problem?

  Peter Bartels/Elke Seidel – In unserem Buch “Volle Energie voraus…“ sind die Beispiele benannt und können nachgebaut werden (Foto privat).

Beitragsbild: Andreas Schiller, Beispiel einer regenerativen Energieversorgung im ZEGG Bad Belzig

Dr. ELKE SEIDEL                                                    Beelitz, 1. September 2020